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Aktuell: Lotterbuben, Stinatzer Delikatessen

Bauernschach ein Winterthriller

Bauernschach ein Winterthriller

Programm


Dass es in einem kleinen Dorf Gerüchte gibt, liegt auf der Hand.
In Stinatzerberg kreisen die meisten um das Haus des Schachgroßmeisters Nikolai Rachimov.

Im Rachimov Haus geschehen seltsame Dinge. Die Leute erzählen sich, man höre dort Kinder lachen, hinter den alten Fenstern sehe man Gestalten. Der Meister selbst sei in diesem Haus während einer Schachpartie gestorben. Man sagt, er habe gegen den Teufel höchstpersönlich gespielt.

Das war 1956. Seither hat niemand dieses Haus betreten. Bis heute.

Denn genau dieses Haus kauft Thomas Stipsits. Im Keller findet er ein verstaubtes Schachbrett mit einer Partie im Endspiel. Weiß ist am Zug. Jede Aktion ändert die Verhältnisse auf dem Brett; wie im Leben.

Stipsits zieht und der Winter will nicht enden.

Der Mensch ist eine 64. 32 Weiße, 32 Schwarze!

(N. Rachimov 1931)

Regie: Andi Peichl

Pressestimmen

Werner Rosenberger – Kurier, Printausgabe

SKURRILE ROCHADEN UND RÖSSELSPRÜNGE

Nach höchst unterhaltsamen Reisen zu den griechischen Göttern und zur Mafia, die schon kaum zu toppen waren, gibt’s eine neue Geschichte voller Irrungen und Wirrungen von Thomas Stipsits: In „Bauernschach – ein Winterthriller“ im Kabarett Niedermair lebt er wieder sein schauspielerisches Talent bei der Darstellung der unterschiedlichsten Charaktere auf der Bühne aus.

Das neue Solo beginnt ganz harmlos mit der Suche nach einem urigen Haus im Grünen. Das findet sich in Stinatzerberg – und in dessen Keller ein verstaubtes Schachbrett. Rund ums Königliche Spiel hat das größte Talent der heimischen Kabarettszene schließlich ein skurriles Horrorszenario komponiert, wie es Josef Hader auch nicht besser könnte.

Denn durchs Haus spukt der Geist von Schachgroßmeister Nikolai Rachimov. Und der hat angeblich gegen den Teufel gespielt…

Stipsits verwandelt sich nach- und durcheinander u. a. in einen Bayern, wie von Gerhard Polt erfunden, in Jesus, den Showmaster mit dem holländischen Akzent, in Ivo, den Mann für alle Fälle, in einen rechtsaußenangesiedelten Tiroler, in den bekifften Religionslehrer Joe auf der Suche nach Impulsausgleich und in einen strammdeutschen Theaterfestival-Intendanten, für den wohl Claus Peymann Pate stand.

Herrlich, wie Stipsits die Figuren zeichnet. Umwerfend, wie er Austropopper von Ambros bis STS parodiert und den Strache-Rap veräppelt. Und am Ende sind alle ganz fixyfoxy vor Lachen. Oder Schachmatt.

 

Thomas Trenkler – DER STANDARD, Printausgabe

STINATZER SCHACHNOVELLE

Wien. Sollte man sich tatsächlich in Thomas Stipsits, der am Mittwoch im Kabarett Niedermair sein Solo- programm “Bauernschach” präsentierte, getäuscht haben? Bisher hatte man den Steirer, der in Stinatz lebt, nur mit Lob bedenken können. Die seit Ende September vom ORF ausgestrahlte erbärmlich schlechte Comedy-Serie “Burgenland ist überall” – im Mittelpunkt steht der dilettantische Sender Storch TV des Dorfes Stanitz an der Stips – ließ aber Schlimmstes befürchten. Doch zum Glück: Solo, frei von den Zwängen einer Fernsehanstalt, ist Stipsits weiterhin grandios.
Zudem hat er auf seine alten Running Jokes – etwa der Kampf um ein Freibad für Stinatz – sowie sein bisheriges Figurenrepertoire verzichtet: Er erzählt in der Regie von Andi Peichl eine Gruselgeschichte, die derart in Atem hält, dass es den Zuschauer aus dem Sessel hebt, wenn ein Schuss fällt.

Ort der Handlung ist nicht mehr Stinatz, sondern das nahe gelegene Dorf Stinatzerberg. Ein eklig schniefender Makler bietet dort ein “uriges Haus” zum äußerst günstigen Kauf an. Ein überheblicher Bayer zeigt Interesse. Zuerst hat er nur Zweifel (“Okay, Österreich ist bei der EU. Aber das ist Rumänien auch.”), beim Anblick der Hütte aber weiß er, dass die Anreise – mit Schneeketten im Gepäck – sinnlos war: Über den Makler kann er sich echauffieren, dass es die reinste Freude ist.

Der naive Kabarettist Stipsits aber kauft das Haus unbesehen. In diesem starb, so das Gerücht, der Sch- achweltmeister Nikolai Rachimov während einer Partie mit dem Teufel. Noch immer stehen die Figuren auf dem Schachbrett. Unwissend macht Stipsits einen Zug – und nun passieren unglaubliche Dinge. Es hört z. B. nicht zu schneien auf, schon bald ist der Ort, wie Ingrid Thurnher meldet, von der Umwelt abgeschnitten. Im Haus suchen seltsame Typen Unterschlupf, darunter ein assimilierter Regisseur aus Deutschland, ein Jäger, der sich als bigotter Ausländerfeind entpuppt, und ein zugekiffter Exreligionslehrer.

Doch dann naht Rettung: Gott schickt den Messias – als Rudi-Carrell-Holländer, damit er nicht von Maria Fekter in Schutzhaft genommen werden kann. Die Zeit der Monologe ist nun vorbei: Thomas Stipsits switcht mit unglaublicher Spielfreude zwischen all den Figuren. Und dann singt er auch noch ein Falco-Mu- sical als Pausenfüller. Bestechend.

 

Veronika Schmidt – DiePresse.com

STIPSITS IM SPIEL MIT DEM TEUFEL

Im fünften Solostück „Bauernschach“ überzeugt der 27-jährige Thomas Stipsits mit einer skurrilen Story und treffenden Betrachtungen der heutigen Gesellschaft.
Gott lacht über diesen bayrischen Komiker, sagt Thomas Stipsits in seinem neuen Programm „Bauernschach“, das am Mittwoch im Kabarett Niedermair Premiere hatte. „Über Gerhard Polt?“, fragt man sich als Zuseher. Schließlich startete Stipsits das Kabarett mit der Imitation eines alten Bayern, der in Diktion und Temperament Gerhard Polt sehr ähnlich war. Nein: „Über den bayrischen Komiker, der in Rom sitzt und glaubt, er ist der Stellvertreter Gottes auf Erden.“ Thomas Stipsits spricht diesen Satz mit holländischem Akzent – in der Rolle des Jesus Christus: „Dabei bin ich doch der Stellvertreter vom Papa auf Erden.
Der Bayer ist grad einmal 80 Jahre alt, also nicht mal ein Nachwuchstalent im Vergleich zu meinen 2000 Jahren.“

Ja, im fünften Solo-Programm bringt Stipsits (mit 27 Jahren längst kein Nachwuchstalent mehr) Jesus als Holländer in die heutige Welt: „Denn mit einem Akzent aus Bethlehem halten’s mich für einen Moslem und die heilige Maria Mutter Fekter schiebt mich ab.“ Wie in den bisherigen Stücken (Buch Stipsits, Thomas Stipsits senior und Markus Oezelt, Regie Andi Peichl) gibt es auch diesmal eine klug geplante Story, in der Stipsits ein Dutzend Figuren auf die Bühne bringt: jede mit ihrem eigenen Dialekt und Charakter. Im Show- down tummeln sich diese sogar im selben Raum, was Stipsits beim rassanten Figurenwechsel wiedermal ordentlich ins Schwitzen bringt. Das Publikum liebt ihn dafür.

Die skurrile Geschichte beginnt recht harmlos: Stipsits Bühnen-Ich kauft sich ein Haus im Nachbarort seiner Heimat Stinatz, in Stinatzerberg (das als Teil der Gemeinde Hackerberg tatsächlich existiert). Doch im Wohnzimmer steht ein Schachbrett mit einer unvollendeten Partie. Jede Bewegung der Schachfiguren führt zu einem überraschenden Effekt – denn es war der Teufel selbst, der diese Schachpartie in Stinatzerberg nie fertig gespielt hatte. Dass der Teufel aber bis heute noch im Dorf ist, bemerken die Bewohner erst spät. Bis dahin darf Stipsits sich im spukenden Haus fürchten und einen bekifften Religionslehrer, einen rassistischen Jäger und einen deutschen Theaterintendanten besser kennenlernen, als ihm lieb ist. Erst als Jesus ins Haus kommt, löst sich die Geschichte auf und Stipsits entlässt die Zuschauer mit den Worten „Das Leben ist wie ein Schachspiel. Wer den vorletzten Fehler macht, gewinnt. Immer.“

In diesem Rahmen bleibt Stipsits genügend Platz, um sich über Politik und Gesellschaft lustig zu machen, in verrückten Liedern (Ambros und Heller singen EAV) seine Stimmenimmitation zu präsentieren und mit dem Publikum spontan zu scherzen. Nach dem Meisterstück „Cosa Nostra“ kommt man mit hohen Erwartungen zu Stipsits und wird auch bei dieser spannenden Geschichte nicht enttäuscht. Denn die Dichte an flotten Sprüchen und cleveren Betrachtungen unserer Gesellschaft, (nicht nur der provinziellen, in der Stipsits seine Stücke gern ansiedelt), wird bei „Bauernschach“ durch nichts übertroffen. Außer vielleicht von der Sympa- thie des Darstellers.

 

Peter Blau – kabarett.at

ES WAR EINMAL IN STINATZERBERG …

Schon beeindruckend, wenn der Premiereneinladung eine Liste mit Auftrittsterminen beigelegt ist, die verheißt, dass bereits alle 23 Vorstellungen bis Ende November restlos ausverkauft sind. Am 1. Dezember im Grazer „Orpheum“ wäre noch Platz. Wer „Bauernschach“ in Wien sehen will und noch keine Karten hat, sollte sich rasch welche für 2011 sichern. Einen derartig massiven Vorschusslorbeerkranz flicht ein Kabarettpublikum gar selten. Doch siehe, es weiß, was es tut. Denn mit „Bauernschach“ krönt der Stinatzer Kabarettist seine bisherige Kleinkunstkarriere. Gratulation.

Im Mittelpunkt der ganz schön spannend und rätselhaft gestrickten Handlung steht das ehemalige Haus des Schachgroßmeisters Nikolai Rachimov in Stinatzerberg. Dort geht es nicht ganz mit rechten Dingen zu, wie der neue Besitzer Thomas Stipsits schon bald feststellen muss. Denn Rachimov soll sich einst auf eine Schachpartie mit dem Teufel eingelassen haben. Und so etwas hinterlässt natürlich unheimliche Spuren.
Damit noch nicht genug. In der Nachbarschaft wimmelt es nur so von eigentümlichen Charakteren, die dem Zuzügling ihre Aufwartung machen. Eine ideale Spielwiese für den Typen-Darsteller Stipsits. Seine Charakterzeichnungen haben in „Bauernschach“ stellenweise eine neue Qualität bekommen. Ihre Komik beziehen die Figuren nämlich nicht mehr vorrangig aus albernen Sprachfehlern und künstlichen Verhaltensauffällig- keiten, sondern durchwegs aus pointiertem Sprachwitz und exakter Verkörperung.
Da wäre zum Beispiel Christoph Maria Herzog: ein deutscher Ex-Burgschauspieler, Theaterbesserwisser, Kulturschnösel und Bezirksfestivalintendant mit diesem unsäglichen Dialekt, der zustande kommt, wenn ein Piefke vergeblich versucht, sich des Wienerischen Idioms zu bemächtigen. Unangenehmer können Anbiederung und Arroganz kaum klingen. Oder der frühpensionierte Religionslehrer Joe, der seine nervige Hyperaktivität auch nicht mit Dauerkiffen in den Griff bekommt. Und ein in die Burgenländischen Berge strafversetzte Tiroler Jäger: „Ich find schon einen Schuldigen. Ich bin schließlich Katholik!“

Vielleicht die drei markantesten der insgesamt rund ein Dutzend höchst unterhaltsamen Charaktere, die Stipsits in „Bauernschach“ auf die Bühne bringt. Zusätzlich hat Regisseur Andi Peichl einige Geräusch- und Lichteffekte so geschickt platziert, dass tatsächlich oft der Eindruck entsteht, es wäre mehr als nur eine Per- son auf der Bühne.
So bietet „Bauernschach“ eine schön ersponnene und durchaus fesselnde Rahmenhandlung, die Stipsits jeden Raum bietet, seine Kabarett-Künste unaufdringlich vorzuführen. Inklusive seines frechen Improvisationstalents bei einer Publikumsbeteiligungs-Nummer und seiner Begabung als Stimmen-Imitator bei einem verqueren Austropop-Parodien-Potpurri. Beachtlich, dass er diesem abgelutschten Standard noch eine originelle Facette abzugewinnen vermag.

Der letzte Zug in dieser spannenden Schachpartie kommt dann recht plötzlich. Statt jeder Figur ein individuelles Ende zu bescheren, lässt Stipsits ein wuchtiges, metaphysisches Finale niederdonnern. Ein fast schon philosophisch unterfüttertes „finis ex machina“. Etwas enttäuschend vielleicht. Aber das jüngste Gericht klopft schließlich vorher auch nicht an und fragt, ob’s gerade passt. Und die meisten Bauern stehen auch nur blöd daneben, wenn der König matt gesetzt wird. Da spielt’s dann auch keine Zugaben mehr.